«Wir denken vernetzt»

Der Naturschutzverein Bachsertal (NVB) erlangte unter der langjährigen Leitung von Fritz Hirt Bekanntheit und Anerkennung. Heute führt eine neue Generation im Grenzgebiet von Zürich und Aargau seine Arbeit mit ebenso grossem Engagement fort.


«Mister Naturschutz», «Weltornithologe» oder «Universal­naturschützer» – das sind nur einige Bezeichnungen, mit denen Fritz Hirt (1945–2021) im Laufe seines Lebens betitelt wurde. Er leitete über dreissig Jahre lang die Fachstelle Naturschutz des Kantons Zürich, wo er viel bewirkte. Daneben war er eine treibende Kraft bei der Neuorganisation von BirdLife Schweiz.

Doch Fritz Hirt war auch kommunal sehr aktiv: Während 51 Jahren präsidierte er die BirdLife-Sektion Naturschutzverein Bachsertal (NVB). «Fritz hat hier im Bachsertal sehr grosse Fussstapfen hinterlassen, und wir versuchen, ihnen nun zu folgen», sagt Ambros Ehrensperger, Präsident des NV Bachsertal.

Während es draussen nieselt, sitzen wir mit einigen Vorstandsmitgliedern des NVB im beschaulichen Café des Bachsermärts, einem auf regionale und nachhaltige Produkte spezialisierten Lebensmittelladen. Ehrensperger präsidiert den NVB seit rund zehn Jahren und ist dank seiner langjährigen Tätigkeit als Lehrer, Handballtrainer und Ranger in der Aue «Chly Rhy» in der Region allgemein bekannt. An seiner Seite steht im Vorstand eine neue Generation von Naturschützerinnen und Naturschützern, die das Erbe von Fritz Hirt voller Tatendrang weiterträgt.

 

Ein Vogel-Trail für Jung und Alt


Zu dieser Generation gehört Aline Donato. Sie erzählt über das neuste Projekt der Zürcher BirdLife-Sektion: einen Vogel-Trail. «Geplant ist ein eineinhalbstündiger Rundgang mit zwölf Posten, der durch das Dorf Bachs und ausserhalb führt. Jeder Posten ist einem oder mehreren einheimischen Vögeln gewidmet. Zudem werden verschiedene Themen behandelt wie etwa der Vogelzug.» Für die ornithologische Expertise ist die Witwe von Fritz Hirt, Katalin Madas Hirt, verantwortlich.

Der Trail ist an Jung und Alt gerichtet und hat zum Ziel, das Wissen über die Vögel und wie man sie und ihren Lebensraum schützen kann, spielerisch zu vermitteln. «Nebst Informationstafeln sind verschiedene kreative Elemente wie etwa eine Kugelbahn geplant», sagt Catia Martire, ebenfalls Vorstandsmitglied. «Zusätzlich hat Edwin Schmidheiny, ein Holzbildbauer aus der Region, verschiedene Vogelskulpturen für die Posten gestaltet.»

Der NVB ist nunmehr seit zwei Jahren an der Planung des Trails. Vor allem die Vorabklärungen mit den Landbesitzerinnen und Landbesitzern waren zeitintensiv. Infolgedessen musste die Route mehrmals umgeplant werden. «Aber jetzt geht es vorwärts», sagt Aline Donato. «Es wäre schön, wenn wir 2025 mit der Aufstellung des Trails beginnen und ihn im Frühling 2026 einweihen könnten.»

Während sich Aline Donato, Catia Martire und Katalin Madas Hirt verabschieden, führt Ambros Ehrensperger den Ornis-Redaktor weiter durch das Bachsertal, das sich über acht Kilometer bis zum Rhein in den Kanton Aargau erstreckt. Die Besonderheit des NV Bachsertals ist, dass sich die Sektion mit ihren rund 210 Mitgliedern kantonsübergreifend für die Natur einsetzt: in Bachs (ZH), Fisibach (AG) sowie in Kaiserstuhl (AG). «Wir denken vernetzt, sogar über die Landesgrenze hinaus. Beispielsweise führen wir zusammen mit dem NABU Waldshut-Tiengen den jährlichen EuroBirdwatch auf dem Wannenberg durch», sagt der Sektionspräsident.

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Der NVB betreut den Amphibienzug zwischen dem Waldstück Brunnhalde und der Lehmgrube Fisibach. In unmittelbarer Nähe liegt die aufgewertete Bachaue «Trelibuck».
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Im Rahmen des Projekts «Aufblühen im Bachsertal» wurden 190 Aren Blühstreifen, Rotationsbrachen, Buntbrachen oder artenreiche Heuwiesen angelegt.
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In den Bachser Hangrieden pflegt der NVB die artenreichen Wiesen. © NV Bachsertal (3)

 

Die Botschaft weitertragen


Wir fahren mit Ehrensperger über die Bachsertalstrasse nach Fisibach, wo wir unterhalb einer Lehmgrube anhalten. Seit 1978 betreut der NVB hier den Amphibienzug, wenn ab Februar Grasfrösche, Erdkröten, Bergmolche und sogar Geburtshelferkröten vom Waldstück Brunnhalde zur Lehmgrube wandern. Über die Jahre wurde in Zusammenarbeit mit dem NV Bachsertal das Gebiet entlang des nahe gelegenen Fisibachs aufgewertet: Eine kleine Bachaue («Trelibuck») mit zusätzlichen Teichen konnte man schaffen und Kleinstrukturen errichten. Zudem gestaltet seit einigen Jahren der Biber hier regelmässig die Landschaft. «All dies hat dazu geführt, dass viele der Amphibien nun spontan in der kleinen Bachaue laichen, ohne den gefährlichen Weg über die Strasse bis zur Lehmgrube zu gehen», sagt Ambros Ehrensperger.

Vor einigen Jahren hat die BirdLife-Sektion ein Projekt gestartet, das inzwischen zum Selbstläufer geworden ist: «Aufblühen im Bachsertal». Der NVB motivierte landwirtschaftliche Betriebe und Landbesitzende, die Biodiversität durch Anlegen von Blühstreifen, Rotationsbrachen, Buntbrachen oder artenreichen Heuwiesen zu fördern. «Ziel war es, sichtbar zu machen, was die Landwirtschaft zur Biodiversität beitragen kann», sagt Ehrensperger. Sieben Bauern haben sich am Projekt beteiligt. Insgesamt sind so 190 Aren zu Trittsteinen für die Biodiversität geworden. «Aufblühen im Bachsertal» ist eines von über 150 BirdLife-Naturjuwelen-Projekten, mit denen wertvolle Lebensräume für die Biodiversität geschaffen oder aufgewertet werden.

In Zukunft möchte der NV Bachsertal den Fokus vermehrt auf die Grünflächen im Siedlungsraum richten. Zwar macht die Sektion bereits Beratungen zu naturnahen Gärten und führt jährlich einen Wildstaudenmarkt durch. Zudem gibt die Gemeinde Bachs allen Neuzuzügern eine Empfehlungsliste des NVB mit einheimischen Gartenpflanzen und fügt diese auch bei jedem Baugesuch bei. Doch Ehrensperger ist überzeugt: «Hier besteht noch ein grosses Potenzial.» Weiter ist der Verein dabei, eine Jugendgruppe aufzubauen. «Kinder und Jugendliche betrachten die Natur mit anderen Augen als wir Erwachsenen», sagt der pensionierte Lehrer. «Wenn wir sie früh für den Naturschutz sensibilisieren, können sie diese Botschaft weiter­tragen. Das hat langfristig eine stärkere Wirkung als ein Naturschutzkurs für Erwachsene.»

 

Dario Pollice ist Redaktor von Ornis.

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