Reifenabrieb bedroht Süssgewässer

Allein in Deutschland gelangen jährlich über 20 000 Tonnen von diesem toxischen Gemisch in Gewässer. Die Auswirkungen auf die Umwelt sind gross.


Dass der Strassenverkehr negative Auswirkungen auf die Umwelt, das Klima und die menschliche Gesundheit hat, ist allgemein bekannt. In der öffentlichen Diskussion stehen dabei vor allem der CO2-Ausstoss und die Luftverschmutzung durch Abgase im Fokus. Den Emissionen, die nicht direkt in die Luft abgegeben werden, wird hingegen weniger Aufmerksamkeit geschenkt. Dabei werden auch die nano- bis mikrometergrossen Partikel, die durch die Abnutzung von Reifen und Strassenoberflächen entstehen, durch Wind, Regen und Wasserabfluss in die Umgebung und auch in Gewässern verteilt. Forschende in Deutschland haben nun die Auswirkungen von Reifenabrieb­partikeln auf Larven der Zuckmückenart Chironomus riparius untersucht – eines der häufigsten Lebewesen in Gewässerökosystemen und ein vielgenutzter Organismus bei Umweltverträglichkeitsprüfungen. Die Ergebnisse sind deutlich: Der Reifenabrieb beeinträchtigt das Überleben, die Entwicklung und die Fortpflanzung der Organismen.

Jährlich 20 000 Tonnen in Gewässern

Die winzigen Reifen- und Strassenabriebpartikel – kurz TRWP – sind eine chemisch komplexe Mischung aus verschiedenen Komponenten wie Mikroplastik, polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAKs), Mineral­ölen, Metallen und synthetischen Chemikalien. Allein in Deutschland gelangen jährlich über 20 000 Tonnen von diesem Gemisch in Gewässer. Die Forschenden analysierten zunächst Sedimente aus strassennahen Regenrückhaltebecken und bestimmten die Menge und Zusammensetzung des Reifenabriebs. Daraufhin wurden die Zuckmückenlarven unterschiedlichen Konzentrationen der Sedimente ausgesetzt. Es zeigte sich, dass das belastete Sediment die Sterblichkeit der Larven um fast 30 Prozent erhöhte. Auch die Fruchtbarkeit nahm sichtbar ab, und es kam zu einer Verringerung der Zahl fruchtbarer Eier pro Weibchen. Laut der Studie enthalten die TRWPs eine Vielzahl von Schadstoffen, die sich im Körpergewebe anreichern und so über die Nahrungskette kaskadenartige Auswirkungen auf Süsswasserökosysteme haben.


Rigano et al. (2024) in: Science of The Total Environment. doi.org/10.1016/j.scitotenv.2024.175597

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