Mitte April ist es soweit: Dann kehren die Uferschwalben aus ihrem Winterquartier zurück, suchen nach geeigneten Brutplätzen und erfüllen die Luft mit ihren raspelnden Rufen. Ursprünglich brüteten die Vögel entlang der Gewässer im Mittelland, wo natürliche Erosion regelmässig frische Sandlinsen in steilen Uferwänden freilegte. Im Sand gruben die Vögel mit ihren Füssen etwa 70 Zentimeter tiefe Brutröhren, an deren Ende sie eine mit Gräsern und Wurzeln gepolsterte Nistkammer anlegten.
Doch durch Flusskorrekturen und Hochwasserschutzmassnahmen sind solche natürlichen Brutplätze weitgehend verschwunden. Deswegen ist die Uferschwalbe heute auf Kiesgruben als Ersatzlebensräume angewiesen. Allerdings nimmt auch diese Brutmöglichkeit ab, da der Kiesabbau heute intensiver und schneller erfolgt und die Gruben anschliessend zugeschüttet werden. Dies spiegelt sich auch in den rückläufigen Bestandszahlen wider: Betrug der Bestand 1993-1996 noch 5500 bis 6500 Brutpaare, waren es 2013-2016 mit 2300 bis 3000 Paaren noch weniger als die Hälfte. Renaturierungsprojekte an den Flüssen schreiten zwar voran, reichen aber noch nicht aus, um regelmässig neue Uferabbrüche zu schaffen.
Seit 2011 führt BirdLife Schweiz mit Partnern ein Programm zur Förderung der Uferschwalbe durch (siehe auch Ornis 2/21). Zahlreiche Stiftungen unterstützen das Programm grosszügig. Die Hauptmassnahme besteht in der Erstellung von künstlichen Brutwänden aus Sandschüttungen, die sich gut bewährt haben. Solche Schüttungen können in Kiesgruben erstellt werden, in denen keine geeigneten Sandlinsen mehr zur Verfügung stehen, oder auch in der Nähe von aufgefüllten Gruben, wo im Rahmen ökologischer Ausgleichsflächen häufig neue Biotope angelegt werden.
Die Uferschwalben nehmen die Sandschüttungen in der Regel gut an, da sie bei ihrer Rückkehr aus dem Winterquartier zunächst Brutwände am Standort suchen, wo sie im Vorjahr gebrütet haben. Aber auch Wände an neuen Standorten werden angenommen, wenn am alten Standort nicht mehr gebrütet werden kann. Im Rahmen des Projektes wurden seit 2011 im Mittelland und Tessin 30 Sandschüttungen erstellt oder erneuert bzw. bestehende künstliche Brutwände saniert.
Säulen: Anzahl der bereitstehenden künstlichen Brutwände für Uferschwalben (linke Achse; grün: besiedelt, braun: noch unbesiedelt). 2025 kamen drei weitere hinzu, und eine ist heute nicht mehr nutzbar. Blaue Linie: Anzahl Brutpaare in den künstlichen Brutwänden (rechte Achse).
In Heimberg hat BirdLife zusammen mit Partnern eine neue Brutwand erstellt (hier noch im Bau). © BirdLife
Heimberg (BE)
Auf Initiative der Stiftung Landschaft und Kies führte BirdLife im Mai 2024 eine Begehung im Kiesabbaugebiet Bümberg bei Heimberg (BE) durch, um einen potenziellen Standort für eine neue Sandschüttung zu beurteilen. Das Abbaugebiet wird von der Kies AG Aaretal (KAGA) betrieben. Das vorgesehene Areal wird in den nächsten Jahren nicht durch den Abbau tangiert, und es steht noch keine Rekultivierung an. Es bietet ideale Bedingungen: Die neue Brutwand kann in südlicher Richtung realisiert werden, und in der Nähe befinden sich kleine Gewässer und Ruderalflächen mit Nahrungsangebot.
Im November 2024 errichteten BirdLife und Partner die Schüttung mit einer Grundfläche von 150 m2 und einer Höhe von 3,5 m. Die KAGA unterstützte das Projekt wie gesetzlich vorgesehen, indem sie das Moränenmaterial zur Verfügung stellte und die Bauarbeiten auf eigene Kosten übernahm. Auf der Grundfläche wurde zunächst ein Podest von 2 m Höhe mit lokalem Moränenmaterial erstellt. Anschliessend wurde ein spezifisch für die Uferschwalben geeigneter Sand daraufgeschüttet. Dieser «Uferschwalbensand» muss eine passende Korngrösse und einen geeigneten Feinanteil aufweisen.
Mehrfaches Befahren mit dem Bagger verfestigte sowohl das Podest wie auch den Sand. Über die Wintermonate verdichtete sich das Material weiter, womit wir Mitte März 2025 die Brutwand nahezu senkrecht abstechen konnten. Dank der Nähe zur bereits etablierten Sandschüttung in Kirchdorf bestehen gute Chancen, dass die Uferschwalben die neue Brutstätte rasch entdecken und annehmen.
Die neue Sandschüttung in Würenlos ist noch im Bau. © BirdLife
Würenlos (AG)
Etwas langwieriger gestaltete sich die Umsetzung der neuen Sandschüttung auf der ökologischen Ausgleichsfläche Flüefeld-Tägerhardrütene in Würenlos (AG) bei Wettingen. Ziel war es, die bestehende Uferschwalbenkolonie in der ehemaligen Kiesgrube trotz Auffüllung zu erhalten. Erste Anregungen dazu gab es 2021 vom lokalen BirdLife-Naturschutzverein NVV Würenlos; Anfang 2022 fanden wir einen geeigneten Standort auf der Ausgleichsfläche. Die ursprüngliche Endgestaltung des Kiesabbaugebiets wurde 2023 angepasst, um Massnahmen für die Kreuzkröte und die Sandschüttung für die Uferschwalbe zu integrieren. Die Baubewilligung erfolgte 2024, und im Oktober begann die Umsetzung. Ab Februar 2025 konnte die neue Schüttung erstellt und rechtzeitig vor der Ankunft der Uferschwalben abgestochen werden.
Die Schüttung hat eine Grundfläche von rund 200 m2, eine Höhe von 3,5 m und besteht vollumfänglich aus «Uferschwalbensand». Das erlaubt es, das abgestochene Material gleich wieder an die Sandschüttung anzulagern, was deren Lebensdauer verlängert.
BirdLife Schweiz erfasst die Anzahl Brutpaare in den Sandschüttungen des BirdLife-Artenförderungsprojektes jährlich (siehe Grafik). In der letzten Brutzeit 2024 zeigten die Zählungen, dass 16 der 26 zur Verfügung stehenden Brutwände durch die Uferschwalben besetzt waren. Insgesamt 1453 Uferschwalben-Paare brüteten in den künstlichen Brutwänden.
Dank der Sandschüttungen konnten nicht nur bestehende Brutstandorte erhalten, sondern auch neue geschaffen werden. Aufgrund der positiven Erfahrungen wird das Projekt weitergeführt und ausgeweitet – ein wichtiger Beitrag für den langfristigen Erhalt der Uferschwalbe in der Schweiz.
Susanna Caregnato ist Mitarbeiterin in der Abteilung Artenförderung bei BirdLife Schweiz.
Spenden gesucht
BirdLife ist froh um jede Spende zugunsten der Uferschwalbe! Dank Ihrer Hilfe können wir noch mehr Brutwände erstellen bzw. alte Wände ersetzen: birdlife.ch/uferschwalbe. Vielen Dank!
Mehr Wände, mehr Schwalben