Lassen Blutparasiten Vögel an den falschen Ort fliegen?

Ob Steppenkiebitz, Brillenente oder Goldhähnchen-Laubsänger: Immer wieder werden «Irrgäste» in der Schweiz beobachtet, deren eigentliches Verbreitungsgebiet sehr weit weg ist. Sind Blutparasiten daran schuld?


Ob Steppenkiebitz, Brillenente oder Goldhähnchen-Laubsänger: Immer wieder werden «Irrgäste» in der Schweiz beobachtet, deren eigentliches Verbreitungsgebiet sehr weit weg ist. Warum ein Vogel statt Indien irrtümlich die Schweiz anfliegt, kann viele Gründe haben. So können Störungen des Magnetfeldes durch Weltraumstürme oder Sonnenaktivität die Vögel verwirren, oder die Tiere werden durch starke Winde verweht. Da das Migrationsverhalten auch genetisch programmiert ist, wird wohl ein kleiner Teil der Vögel durch genetische Rekombination von ihrem Instinkt in eine falsche Richtung geschickt. Manchmal hilft auch der Mensch mit: Vögel überqueren Ozeane auf Schiffen oder in Frachträumen. Nun hat eine Forschungsgruppe eine neue These auf­gestellt: Blutparasiten der Gattung Haemo­proteus könnten ebenfalls solche Verhaltensänderungen auslösen. Dieser Einzeller nistet sich im Gehirn von Vögeln ein und verändert dieses – möglicherweise so stark, dass die Tiere nicht mehr ihren normalen Migrationsrouten folgen. Der Vorteil für den Parasiten: Über ein stechendes Insekt kann er Wirte in einem neuen Gebiet befallen und sich so ausbreiten. Dies ist nicht abwegig: Es gibt dokumentierte Fälle von starken Verhaltensänderungen aufgrund von Parasiten­; so verlieren z. B. von Toxoplasma befallene Mäuse die Angst vor Katzen. Auch wurde schon belegt, dass Blutparasiten wie Haemoproteus Vögel mutiger machen. Ob aber die These mit der gestörten Migration stimmt, muss durch weitere Studien abgeklärt werden.


Bensch et al. 2024, Trends in Parasitology, doi.org/10.1016/j.pt.2024.02.008

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