Erfolg nach 25 Jahren

Das trinationale BirdLife-Steinkauzprogramm kann zum 25-Jahre-Jubiläum einen lang ersehnten Erfolg verkünden: Der Steinkauz kehrt in die Nordwestschweiz zurück. Dort konnten in diesem Jahr gleich drei erfolgreiche Bruten verzeichnet werden.


Es ist Mitte Juni und bereits dunkel, als wir uns vorsichtig dem Baum mit der Niströhre nähern. Hier brütete vor einem Jahr zum ersten Mal wieder ein Steinkauzpaar – nach 40 Jahren Abwesenheit in der Nordwestschweiz. Es war ein Meilenstein, auf den BirdLife seit vielen Jahren mit zahlreichen Partnern und Freiwilligen hingearbeitet hatte. Entsprechend gross ist nun die Spannung, ob der Brutplatz erneut besetzt ist.

Wir spähen auf das Display der Wärmebildkamera – und entdecken einen kleinen, roten Punkt im Baum. Der Steinkauz ist auch jetzt da! Die spätere Bruthöhlenkontrolle zeigt ebenfalls: Erneut ist das Paar zur Brut geschritten. Zum 25-Jahre-Jubiläum des trinationalen BirdLife-Steinkauzprogramms im Dreiländereck Schweiz/Deutschland/Frankreich ist das eine wunderbare Nachricht. Aber das ist noch nicht alles. Auch an einem zweiten Standort vermuten wir eine Brut. Und dann ist da noch diese dritte Röhre, wo bis anhin jedes Jahr Stare drin brüteten. Hier sticht uns eine Kuhle in der Einstreu ins Auge. Ob da ebenfalls ein Steinkauzpaar zur Brut schreiten möchte?

An mehreren Abenden schaut Lukas Merkelbach, der in der Region das BirdLife-Steinkauzprogramm leitet, mit der Wärmebildkamera nach. Irgendwann sieht er einen davonfliegenden Vogel, der verdächtig nach einem Steinkauz aussieht. Der Blick in die Niströhre erhärtet den Verdacht: Auch hier gibt es ein Nest von Athene noctua!

Verlust von strukturreicher Kulturlandschaft

Nun brüten also bereits drei Steinkauzpaare in der Nordwestschweiz – ein schönes Geschenk zum Jubiläum des Programms. Genauere Angaben zu den Brutorten gibt BirdLife nicht preis, damit die Bruten nicht aufgrund von Störungen durch Schaulustige oder Fotografen aufgegeben werden. Hingegen darf verraten werden, dass die Lebensräume den Bedürfnissen des Steinkauzes entsprechen. Alle drei Brutorte liegen in einer strukturreichen Kulturlandschaft mit Hochstammbäumen und einer abwechslungsreichen Nutzung.

Das trinationale BirdLife-Steinkauzprogramm wurde im Jahr 2000 von verschiedenen engagierten Personen ins Leben gerufen, von BirdLife Schweiz zusammen mit den BirdLife-Partnern LPO Alsace (F) und NABU Südbaden (D) sowie den Kantonalverbänden BirdLife Aargau, Basellandschaftlicher Natur- und Vogelschutzverband BNV, Ornithologische Gesellschaft Basel OGB und VVS/BirdLife Solothurn. Der Verlust an geeigneten Biotopen durch Überbauung, Ausräumung und Intensivierung der Landwirtschaft hatte den Steinkauz bis zur Jahrtausendwende fast vollständig aus der Schweiz verdrängt. Nur im Kanton Genf, im Tessin und in der Ajoie (JU) konnten sich letzte kleine Bestände halten. Rund um Basel gab es nur noch im Ausland Brutpaare, die ebenfalls auf Förderung angewiesen waren. Ziel des Programms war es daher, die wenigen verbliebenen Vorkommen im Elsass und in Südbaden zu fördern, indem die Lebensräume möglichst grossflächig aufgewertet und naturfreundlich gepflegt werden. Parallel wurden hunderte spezielle Niströhren aufgehängt.

Um die Rückkehr des Steinkauzes in die Schweiz zu ermöglichen, wertete man die Lebensräume auch in der Nordwestschweiz auf vielen Hektaren auf (siehe Ornis 5/23). Trotz umfangreicher Massnahmen siedelten sich jedoch vorerst keine Steinkäuze auf der Schweizer Seite an.

Harte Arbeit führt zum Erfolg

Der Steinkauz jagt seine Beutetiere wie Mäuse, Regenwürmer, Grossinsekten oder Kleinvögel als Wartenjäger und zu Fuss. Deshalb sind Warten (z. B. Bäume, Zaunpfosten oder Asthaufen) und kurze Vegetation (z. B. in Weiden) essenziell – nur wo beides vorhanden ist, kann der Vogel erfolgreich Beute schlagen. Einzig überdurchschnittlich vielfältige und strukturreiche Landschaften bieten diese Voraussetzungen. Deshalb wurden seit Programmstart mit Landwirten zahlreiche bestehende Hochstammobstgärten und Rebberge mit vielen zusätzlichen Lebensraumelementen ausgestattet. Zu den letzteren gehören insektenreiche Bäume (wie z. B. Eichen oder Weiden), dornige Strauchgruppen und Niederhecken, Blumenwiesen und Brachestreifen, Säume oder Ast- und Steinhaufen.

ST 20240420 Rebbergbiel Benken Kopie

Die Obstgärten rund um den Rebberg Biel-Benken wurden mit Gebüschgruppen, Asthaufen, Nisthilfen und jungen Bäumen ökologisch aufgewertet. © BirdLife Schweiz

Auch die Bedeutung von reich strukturierten Weiden für den Steinkauz wird immer augenscheinlicher. Deshalb werden wir ab kommendem Jahr nebst der «Strukturreichen Weide» neu auch die «Beschattete Weide» in unseren Massnahmenkatalog aufnehmen. Darin werden bspw. Pferdekoppeln mit zahlreichen Insektenbäumen wie Salweiden, Pappeln, Birken, aber auch Eichen und Linden bepflanzt. Strukturelemente wie Strauchgruppen und Asthaufen runden das Angebot ab.

Die Erfolge des trinationalen BirdLife-Steinkauzprogramms sind bemerkenswert: Im Projektgebiet zwischen Colmar, Freiburg, Ajoie und Fricktal brüten wieder rund 220 Steinkauzpaare – fünfmal so viele wie im Jahr 2000. Dank den Massnahmen nahmen auch andere Arten wie Wiedehopf, Wendehals, Gartenrotschwanz, Dohle, Neuntöter, Zaunammer und Schwarzkehlchen im Projektgebiet zu. Was im Jahr 2000 auf Initiative von BirdLife und einzelnen stark engagierten Personen zum Schutz des Steinkauzes über die Landesgrenzen hinaus begann, hat sich im Lauf der Jahre zu einer tragfähigen, grenzüberschreitenden Partnerschaft mit engagierten Landwirtinnen und Landwirten, kantonalen Ämtern, Gemeinden, Stiftungen sowie unzähligen Freiwilligen entwickelt. Unverhofft eingetroffene Grossspenden haben BirdLife zudem mehrfach erlaubt, den Umfang und die Qualität der Massnahmen über die Projektpläne hinaus zu erhöhen.

ST 20240430 Nuglar Blickrichtungsimme Schwarzacker Kopie

Das Programm fördert auch Nassstellen, artenreiche Borde, strukturreiche Waldränder und gestaffelte Schnittzeitpunkte. © BirdLife Schweiz

Die drei Bruten in der Nordwestschweiz zeigen, dass sich der jahrzehntelange Einsatz für eine vielfältigere Kulturlandschaft nach und nach auszahlt. Offenbar brauchte es umfangreiche Massnahmen, um die notwendige Lebensraumqualität zu erreichen. Es bleiben aber Herausforderungen: Die Landschaften müssen weiter zugunsten der Biodiversität aufgewertet, die Brutvorkommen begleitet werden. So sind die Lebensräume im grenznahen Ausland immer noch deutlich naturnaher als in der «aufgeräumten» Schweiz. Entsprechend werden die Anstrengungen und die Zusammenarbeit über die Ländergrenzen hinweg fortgeführt. Nur so können wir den langfristigen Schutz des Steinkauzes sichern und dafür sorgen, dass dieser die Nordwestschweiz zurückerobert.

Julia Fürst ist Projektleiterin für BirdLife Schweiz und für die Gesamtkoordination des trinationalen BirdLife-Steinkauzprogramms zuständig. Lukas Merkelbach ist Projektleiter für BirdLife und für die Steinkauzförderung in den Kantonen BL, BS, SO verantwortlich.

Bitte unterstützen Sie das trinationale Steinkauzprogramm!

Helfen auch Sie mit, das Programm zu finanzieren? Danke!

BirdLife Schweiz, Postfach, 8036 Zürich, PC 80-69351-6,
Vermerk: Steinkauz, IBAN: CH71 0900 0000 8006 9351 6

birdlife.ch/spende

Jetzt Ornis abonnieren und weiterlesen!

Ornis ist die Zeitschrift über Vögel, Natur und Naturschutz. Entdecken Sie 6-mal im Jahr wunderbar bebilderte Berichte, Reportagen aus dem In- und Ausland, Portfolios und vieles mehr!

Haben Sie ein Abo? Melden Sie sich an (Link ganz oben) und lesen Sie innert Sekunden weiter.
 

Jetzt Ornis abonnieren und weiterlesen!