Budget-Kürzungen: mutlos und nicht zukunftsfähig

Der Bundesrat will mit seiner Vernehmlassungsvorlage zum Kürzungsprogramm 2027 die Gelder für die Natur, unsere Lebensgrundlage, massiv zusammenstreichen. Er bricht damit die erst vor wenigen Monaten gegebenen Versprechen und will die hohen Kosten des Nichthandels für die Sicherung der Biodiversität unseren Kindern und Kindeskindern aufbürden. Unter den Kürzungen würden nicht allein die Naturperlen unseres Landes, sondern auch die Land-, Forst- und Bauwirtschaft in den Regionen und leiden.


Raffael Ayé

10.02.2025, Ornis 1/25

Der Bundesrat kündigte im September an, die Ausgaben in den nächsten Jahren um mindestens drei Milliarden Franken pro Jahr kürzen zu wollen. Ein starkes Ausgabenwachstum, insbesondere in den Bereichen der sozialen Sicherheit (z. B. 13. AHV-Rente) und der Armee, sowie Einnahmenausfälle aufgrund vergangener Steuerreformen führen zu einem strukturellen Defizit und machen Kürzungen notwendig.

Bundesrat und Parlament müssten die unangenehme Situation eines Defizits zum Anlass nehmen, um strategisch kluge Schritte hin zu einer zukunfts­fähigen Schweiz einzuleiten. Ist es der richtige Zeitpunkt für eine schnelle und starke Steigerung der an sich legitimen Armeeausgaben, wenn gefühlt jede zweite Beschaffung und jedes zweite Grossprojekt der Armee derzeit im Fiasko endet? Welche Ausgaben entsprechen tatsächlich staatlichen Aufgaben? Wo widersprechen kurzfristige Interessen von Subventionsempfängern längerfristigen und/oder gesamtgesellschaftlichen Interessen? Staatliches Handeln ist insbesondere dort angebracht, wo wichtige Allgemeingüter betroffen sind – so etwa die Sicherheit oder auch die Biodiversität, unsere Lebensgrundlage.

Bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe von Ornis hat der Bundesrat die Vernehmlassung noch nicht gestartet und damit seine detaillierten Kürzungspläne noch nicht veröffentlicht (Hinweis der Redaktion: Die Kürzungspläne wurden inzwischen veröffentlicht. Zur BirdLife-Stellungnahme).

Die erste Verlautbarung des Bundesrats zum sogenannten Gaillard-Bericht lässt jedoch Schlimmes erahnen. Mit oftmals schwammigen Begründungen schlug die sogenannte Expertengruppe Gaillard in vielen Bereichen Querschnittskürzungen vor. Letztere sind die ideenloseste und mutloseste Form von Sparmassnahmen. Opfersymmetrie mag den Entscheid erleichtern, zeugt aber nicht von einer strategischen Denkweise. 

Die Expertengruppe schlägt auch Querschnittskürzungen bei den Beiträgen des Bundes an die Kantone im Bereich Umwelt vor. Eine Kürzung der Mittel für die Natur um 10 % wäre allerdings sehr gefährlich, weil sie insbesondere unsere Naturperlen, die Biotope von nationaler Bedeutung, stark gefährden würde. Die bestehende Finanzierungslücke in Milliardenhöhe für den Schutz der Biodiversität würde weiter vergrössert, und immense Kosten würden auf kommende Generationen überwälzt. Der Bund ist durch Verfassung und Gesetz verpflichtet, die Biodiversität zu schützen. Diese klare Aufgabe zu vernachlässigen bräuchte eine Verfassungs- und Gesetzesrevision.

Weiter schlägt die Gruppe Gaillard vor, die Bundesmittel für die Umweltbildung komplett zu streichen. Begründet wird dies mit unbewiesenen Schlagworten wie angeblichen «Ungleichgewichten, Doppelspurigkeiten und ineffizientem Mitteleinsatz», die gerade in der Umweltbildung im Gegensatz zu den Fakten stehen. Auch diese Kürzung ginge strategisch völlig in die falsche Richtung. Die Wirkungsanalyse zum Aktionsplan Biodiversität hat gezeigt, dass die Integration der Biodiversität in alle Sektoralpolitiken bisher ungenügend ist. Die internationale Biodiversitätskonvention betont diese Integration ebenfalls stark. Sie kann aber nur gelingen, wenn in allen Sektoren die Bildung zu Biodiversität und Umweltthemen verstärkt wird.

Die Schweiz gibt jährlich Dutzende von Milliarden für biodiversitäts- und klimaschädliche Subventionen aus, bzw. es entgehen ihr durch schädliche Steuererleichterungen hohe Einnahmen. Es ist mutlos und gefährlich, wenn der Bundesrat sich nicht traut, diese Missstände anzugehen. Ein Teil der umweltschädigenden Subventionen und Anreize sollte gestrichen werden. Andere sind so umzugestalten, dass die schädliche Wirkung auf Biodiversität oder Klima vermieden oder zumindest stark reduziert werden. Diese Sparmassnahmen würden doppelt positiv wirken.


Der Geschäftsführer Dr. Raffael Ayé fasst hier die Haltung von BirdLife Schweiz zu politischen Fragen zusammen.

 

Aktuelle Medienmitteilung zu den Kürzungsplänen


Die Kürzungspläne des Bundesrates wurden inzwischen veröffentlicht. 

Zur BirdLife-Stellungnahme

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